Die Kluft und das Halstuch

Die Kluft

Ikonisches Foto Baden-Powells in Kluft & Halstuch

Als Baden Powell 1907 das erste Pfadfinderlager auf Brownsea Island (damals nur für Jungen) ausrichtete, testete er viel von seinen Erfahrungen aus den Burenkriegen an den Jungs aus. So war er auch der Überzeugung, dass eine Gemeinschaft nicht nur gelebt sein sollte sondern auch nach außer erkennbar sein sollte.
Er lehnte sich stark an dem Vorbild der Uniform an. Die Pfadfinderuniform musste vor allem praktisch und robust sein. So stattete er alle Jungen von unterschiedlicher Herkunft mit einer Pfadfinderuniform aus, die ein Hemd, Shorts, Schuhe, Socken, Pfadfinderhut und Pfadfinderstock. So verschleierte er ebenfalls den unterschiedlichen sozialen (und finanziellen) Hintergrund der Teilnehmenden.

Als die Pfadfinderbewegung auch in Deutschland angekommen war, mussten sich die Pfadfinder*innen innerhalb der vorhandenen Jugendbewegung in Deutschland neu positionieren, sich vor allem von den bereits existierenden Bewegungen loslösen und etwas eigenes gründen. So wählte man bewußt die Uniform für die Pfadfinder*innen und nannte sie auch so.

Pfadfinder*innen unserer Siedlung in Kluft am Volksfestzug

Denn das akkurate Tragen einer gemeinsamen Kleidung stand im Gegensatz zu den Fahrtenbünden, die durchaus sehr bunt und unterschiedlich waren und keine einheitliche Kleidung hatten.
Der große Bruch mit dem Wort Uniform kam mit der Ernüchterung nach dem Ersten Weltkrieg. Viele damaligen Pfadfinder*innen haben sich von der Begeisterung des Aufrüstens anstecken lassen und sind mit purer Euphorie in den Krieg gezogen. Als dann so viele starben und das Land unter der Niederlage sehr zu leiden hatte, die Pfadfinder*innen kaum noch Sippen- oder Stammesführer*innen hatten, wollte man nicht mehr mit dem Militär oder dem Kriegstreiben in Verbindung gebracht werden. Die Pfadfinder*innen entwickelten ihre eigene „Uniform“ und nannten sie Kluft. Dazu gehörte in den evangelischen Bünden das grau Fahrtenhemd, die Lederboxl, das Barett und die Kniestrümpfe.

Dieses Gefühl und der Wunsch nach einer klaren Abgrenzung wurde nach dem Zweitem Weltkrieg nur noch deutlicher. Als man 1968 überall für Frieden, Selbstbestimmung und dem Abschaffen von Hierarchien und starren Strukturen demonstrierte, blieben die Pfadfinder*innen davon nicht verschont. Im Gegenteil, viele Pfadfinder*innen schlossen sich diesen Strömungen an und forderten mehr Mitbestimmung von Jugendlichen. Hierzu passte das einheitliche Aussehen der Pfadfinder*innen nicht und die gemeinsame Kluft reduzierte sich auf das Fahrtenhemd. Und auch heute hat nur das Fahrtenhemd Eingang in die Bundesordnung des VCP gefunden.

Unsere Kluft im VCP ist grau und hat folgende Aufnäher: Das VCP – Verbandsabzeichen auf der linken Brusttasche (1), das WAGGGS und WOSM – Abzeichen auf dem linken Ärmel (3), das Abzeichen des letzten Lagers/der letzten Fahrt auf der rechten Brusttasche (4), das Europa- & Deutschland – Abzeichen (1) (welches in unserer Siedlung traditionell erst verliehen wird, nachdem man das erste Mal mit den Pfadfindern im Ausland unterwegs war).

Das Halstuch

Auch das Pfadfinderhalstuch stammt wohl ursprünglich aus Erfahrungen und Begegnungen Baden-Powells während seiner Militärzeit in Afrika.
Dort diente ein Halstuch, lose um den Nacken geschnürt, wohl zunächst als Sonnen(brand)schutz.
Baden-Powell machte im Anschluss das Halstuch zum Teil der Pfadfinder*innen-Uniform.

Gerade im deutschsprachigen Raum gab es schon vor der Pfadfinderei andere Jugendbewegungen wie die Wandervögel oder die bündische Jugend (siehe Geschichte der Pfadfinderei). Diese besaßen selbst ebenfalls schon ähnliche Halstücher. Dort dienten sie aber vor allem dem Auffangen des Schweißes beim Wandern. Wenn der Schweiß den Nacken runterläuft, wird er vom Halstuch aufgefangen und nicht erst von den (teureren und schwerer zu waschenden) Hemden.

Die verschiedenen Halstuchfarben im VCP

Heutzutage gibt es Halstücher in der Pfadfinderei in allen möglichen Farben und Gestalten. Vor allem dienen sie der Unterscheidung der Verbände und Altersstufen. Jeder Verband hat neben einer eigenen Kluft i. d. R. auch verschiedene Halstücher, welche die Zugehörigkeit der jeweiligen Träger*innen zu einer bestimmten Altersstufe anzeigen.

Die Halstücher werden in einer formellen Zeremonie (bei uns beispielsweise an Waldweihnachten oder auf großen Lagern) überreicht. In unserer Siedlung muss für das Erhalten eines neuen Halstuches auch eine größere oder kleinere Aufgabe bewältigt werden, um sich das Halstuch wortwörtlich zu „verdienen“.

Halstücher haben, neben der erwähnten Fähigkeit den Schweiß beim Wandern aufzufangen, aber auch noch andere praktische Anwendungsgebiete. So kann man damit bei diversen Spielen die Augen verbinden, sie können als Sonnenschutz für den Kopf dienen an heißen Tagen im Sommer. Auch können sie als Dreieckstuch in der Erste-Hilfe nützlich sein, falls nichts anderes zu Hand ist.

Selbstverständlich sind Halstücher auch sehr beliebte Tauschobjekte auf internationalen Pfadfinderlagern. Der/Die ein oder andere Pfadfinder*in nimmt schon vorsichtshalber eine große Zahl an eigenen Halstücher mit, um mit möglichst vielen unterschiedlichen Halstüchern aus möglichst vielen anderen Ländern wieder nach Hause zu kommen.